Wie bereits angekündigt entführt Pia Piaggios heutiger Streifzug auf die Sim Wintertraum im Second Life©. Hinter diesem romantischen Namen verbirgt sich jedoch weit mehr, als eine liebevoll gestaltete Schneewelt mit allerlei Attraktionen. Darüber hinaus hat Wintertraum eine Geschichte, die bis zu den Anfängen des Second Life© in Deutschland zurückgeht.
Virtueller Adel
Damals schien es fast so, als würde die deutsche Community allein aus Apfelland bestehen. Zumindest konzentrierten sich dort spektakuläre Projekte, Auftritte und Events aller Art. Gemanaged wurde dies alles vom Apfelland-Landlord McAlpine, dessen Name man nicht in jedem Zusammenhang verwenden sollte. Es gibt gewisse Themen, da verbietet sich der virtuelle Landlord eine Verbindung zu seinem hochwürdigen Titel. Für die Geschichte von Wintertraum spielte er jedoch unumstritten eine entscheidende Rolle, wie man in zahlreichen Beiträgen nachlesen kann.
Auf Eis gelegt
Denn damals gab es eine Menge Zank um diese von den Guglmännern respektive den Stellwerkern erschaffene zauberhafte Winterwelt, was letztendlich damit endete, dass Schneeflocken, Schlitten, Eistempel, Lebkuchenhäuser, Pinguine, Dampfbäder, Lagerfeuer, Glühweinstände und eben einfach alles, was diese 3D Landschaft ausmachte, zurück in die entsprechenden Inventare wanderte und dort eine Weile vor sich hinfror.
Ans Ende der Welt
Übrigens war das nicht das einzige Projekt, welches die Designergruppe aus dem kriegerischen Apfelland rettete. Man beendete alle Aktivitäten zu Landlords Gunsten und begab sich insgesamt ans Ende der Gridwelt. Diese neue Location nannte man dann Finis Terrae, eine Inselgruppe, wo Fantasy, Kultur, Kunst und Bildung miteinander verschmelzen und wo es seit Januar 2009 auch wieder den Wintertraum zu erleben gibt.
Die Vorgeschichte ist mit dem Hinweise since 28.Okt 2007 sozusagen auf dem Emblem verewigt. „Sag mal, ist das eigentlich Zufall oder Absicht, dass ich immer wieder auf die Gulgmänner treffe?“, wundert sich Pia, als sie in der Begrüßungszone landet. Also Absicht ist das nicht, aber Zufall eben auch nicht. Sie schaut mich fragend an. Naja, auf die Werke der wahrscheinlich bedeutendsten deutschen Designergruppe im Grid trifft man eben nicht zufällig sondern eher zwangsläufig. „Du meinst, an den Guglmännern führt quasi kein Weg vorbei?“, vergewissert sich Pia. Exakt. So schaut das wohl aus.
Pia blickt sich in der eisigen Landschaft um. Die fahle Gridwintersonne scheint vom wolkenlosen Himmel auf die unberührt wirkende Schneedecke, die alles mit einer weißen Hülle überzieht. „Gab wohl viel Neuschnee letzte Nacht“, mutmaßt sie und zeigt auf die Tannen, deren Nadelkleid dick bestäubt ist.
Sie kramt ihre Schlittschuhe aus dem Inventar und macht sich auf, den Wintertraum zu erkunden. Sie hätte zwar auch die Teleportangebote in der Empfangszone wahrnehmen können, meint jedoch: „Das ist hier viel zu schön, um sich zu teleportieren.“ Mit einem leisen Schabern gleitet sie über die Eisfläche, die in der Mittagssonne vor sich hinknackt.
Glich um die Ecke entdeckt sie das Ice-Lab. „Hey cool, das scheint ein Eis-Labor zu sein. Was darin wohl laboriert wird?“, fragt sie sich und schlittert auf die verheißungsvolle Tür zu.
Schnell wird ihr klar, dass es sich nicht um ein Labor sondern um ein Labyrinth handelt, das aus lauter in den Eisblock getriebenen Gängen besteht. Leicht fröstelnd irrt sie eine Weile herum und gelangt dann in eine kleine Höhle, wo ein entzückendes Geschenk auf sie wartet. „Was ein schriller Fummel“, jauchzt sie. „Komm, hier sind bestimmt noch mehr davon versteckt!“, ruft sie noch über die Schulter und verschwindet schon hinter der nächsten Ecke.
Immer wieder gelangt sie an eine transparente Wand mit Ausblick auf eine Bahnschiene. „Hier scheint es einen Wintertraum-Zug zu geben“, vermutet sie und schließlich gelingt es ihr, dem Ice-Lab zu entkommen.
Sie kommt auf einer Art Bahnhof heraus und setzt sich eine Weile auf die klirrend kalte Bank. Ihre Nase ist schon ganz blau angelaufen, als sie das Warten auf den Zug aufgibt und einfach selbst mit ihren Schlittschuhen den vereisten Bahngleisen folgt.
Sie passiert eine Ansammlung von Iglus, die jeweils in einem ganz eigenen Stil ausgestattet sind und zum Verweilen einladen.
Gleich hinter dem Hang erheischt sie einen Blick auf das Zentrum von Winterland, von wo ihr der verführerische Duft nach Zuckerwerk und Glühwein entgegenweht.
Hinter dem nächsten Tunnel bietet sich der Ausblick auf eine Gondelstation mit zwei geräumigen Kabinen, die ständig auf und niedergleiten.
Gleich nach einer Biegung taucht ein Gebäude auf, das Pia ausrufen lässt: „Schau mal, eine echte Jugendstil-Fabrikhalle mitten in den Bergen!“ Und dann führt die Bahnstrecke in einen stillen Wald. Pia verharrt einen Moment, streckt ihr Näschen in den Wind und schnüffelt. „Das riecht hier nach einem herrlichen Kaminfeuer“, stellt sie fest und folgt dem Duft.
Er entweicht dem Schornstein des Lebkuchenhauses, wo den Smarties und Spekulatius so richtig eingeheizt wird, damit sie in dieser Kälte nicht gefrieren und ungenießbar werden.
Schließlich endet die Gleisstrecke in einer Grotte, von wo aus drei Lifts zu den Hauptattraktionen führen. „Ein Badehaus gibt es hier….“, murmelt Pia mit Blick auf die schimmernden Teleportröhren. Zunächst schlendert sie daran jedoch vorbei, denn etwas weiter hinten zieht sie ein blauer Schimmer magisch an.
„Die Galerie de la glace“, konstatiert sie bedeutungsvoll, als sie dort ankommt. „Texanna Schumann zeigt hier ihren Zyklus Rhapsodies in Blue“, erklärt sie mir, als hätte ich keine Augen im Kopf. Aber gut.
Eine Weile versinkt Pia im Anblick dieser blauen Schwärmereien. Dann jedoch wird sie durch das entschlossene Klacken von Schuhen, das sich mit einem Echo in der großen Eishalle ausbreitet, in die virtuelle Realität zurückgeholt.
Kein Minderer als van Zadark taucht plötzlich in der Eisgalerie auf und chattet Pia ein fröhliches Hallo zu. „hey, van, was machst du denn hier ;-)“, hackt sie in ihre Tastatur und bekommt prompt zur Antwort: „das kann ich dich genauso fragen ;-)“.
„Also ich, ich mache hier mit der Stephy einen Ausflug. Ist doch Dezember und da will die immer in winterliche Gefilde. Da sehnt sie sich förmlich nach! Naja, und deshalb friere ich mir hier einen ab“, klärt sie van Zadark mit einem Augenzwinkern an mich auf.
„Ah ja“, meint dieser, „ nehmt ihr mich vielleicht mit? Ich wollte mich hier nämlich auch mal umschauen. Soll ja die ultimative Wintersim sein.“ Pia nickt zustimmend. „Was ich bisher so gesehen habe, ist das echt nett hier.“
Und dann zockeln die beiden los. Aus der Kunstgrotte hinaus gelangen sie auf den zentralen Platz von Wintertraum.
Sie bummeln ein wenig durch die Shoppingzone, wo einiges an Ausstattung für einen virtuellen Wintertrip angeboten wird.
Ganz am Ende der Einkaufsmeile ist ein Riesenrad aufgebaut, das einige Zerstreuung nach dem Kaufrausch verspricht. „Magst du?“, fragt van Zadark und deutet auf die ankommende Gondel.
Die zwei touchen sich auf die rohe Holzbank und entschwinden gleich darauf in luftige Höhen. „Die Klaviermusik finde ich wirklich sehr schön“, meint van Zadark zu Pias Erstaunen, denn sie hört gar nichts. Ich stelle den Musikstream mehrmals an und aus, aber es tut sich nichts. Liegt wahrscheinlich am zu schwachen Funksignal.
Aus der kleinen Gondel steuern die beiden geradewegs auf die große hinzu. Während van Zadark noch mit dem Lag kämpft, steht Pia schon abfahrtbereit an der Zwischenstation.
Zu guter Letzt schafft er es noch rechtzeitig, sich neben Pia zu touchen. Dabei wird sie um ein Haar von dem Stock aufgespießt, den van Zadark aus verschiedenen Gründen immer bei sich trägt.
Diese verrät er Pia auf dem Weg auf den höchsten Gridgipfel von Wintertraum. Ihr Kichern hallt dabei von den vereisten Felswänden wider – sie scheint sich herrlich zu amüsieren.
Oben angekommen stehen wahlweise Ski oder Schlitten bereit, um die steile Piste hinabzubrettern. „Ich vorne, du hinten?“, fragt van Zadark und deutet auf das Rodelgefährt.
Aber leider funktioniert das nicht. Der Schlitten fährt nur mit einem Avatar los.
Vielleicht auch wirklich besser so, denn bei seinem Fahrstil hätte die arme Pia sich noch ihr Shape gebrochen. Der gute van Zadark saust jubelnd in die Tiefe, ohne sich um die Kontrolle des Schlittens zu kümmern, was zu manchem Salto führt.
Es wird schon dämmrig, als die zwei endlich mit dem Rodeln aufhören und auf der Gipfelhütte einkehren. Dort tritt van Zadark ganz nah an Pia heran und säuselt ihr ins Ohr: „Das hat totalen Spaß gemacht. Davon will ich mehr.“
Im ersten Moment ist Pia ein wenig irritiert von dieser plötzlichen Nähe. Ihr wird es ganz warm im Rücken und am Bauch, wo van Zadark sie nun sanft umfasst. Sein Aftershave steigt ihr ins Näschen und sie ist sich ganz sicher, dass es sich dabei allein um Agua de Linden handeln kann, dieses sauteure Duftwässerchen, das man fast nirgendwo erhält.
„Vielleicht hast du ja Lust zu tanzen?“, fragt sie endlich ein wenig schüchtern und dreht sich zu ihm um. Eine Weile swingen sie im langsamen Walzer über die Gipfelterrasse. Dabei rieseln die Schneeflocken nieder und ein weiß gefiedertes Eisvogelpaar umschwärmt sie und alles in allem ist es unheimlich romantisch dort auf dem Eisgipfel.
Nach einer Weile wird ihnen trotzdem ein wenig kalt und van Zadark schlägt vor, sich einen Moment ans Feuer zu setzen, das etwas weiter unten am Berghang im warmen Schein lodert.
Dort sitzen sie eine Weile still nebeneinander. Pia ist ganz überwältigt von den Vibes, die sie beim Tanz auf dem Höhepunkt von Wintertraum hatte.
Van Zadark hingegen schmiedet bereits weitere Pläne. „Hast du Lust auf Badehaus?“, fragt er ein wenig forsch. Pia wirft mir einen Blick zu. Ich nicke. Klar doch. Ist ja alles nur voll virtuell. Also immer schön die Freuden mitnehmen, die so ein Badehaus bieten kann.
Über eine ausladende Freitreppe steigen sie in den Badetempel hinab. Unermüdlich rauscht das warme Quellwasser von Wintertraum in die großzügige Wanne.
Drum herum stehen Sitzgelegenheiten bereit, um die wohlige Harmonie einer echten Badehausprozedur herzustellen. In voller Montur verstricken die beiden sich in ein Gespräch, das nach Gemeinsamkeiten sucht. Bis Pia der Schweiß ausbricht und sie anregt, ein erfrischendes Bad zu nehmen.
Ehe van Zadark sich versieht, dropt Pia ihren Bikini auf sich und hüpft schnell ins verlockende Nass, ist es doch so, dass dieses Outfit noch aus ihren absoluten Anfängen stammt und eventuell einen Immersionsschock verursachen kann, was weder van Zadark, noch den Lesern zugemutet werden soll.
„Komm, van, das ist total angenehm hier drinnen“, ruft Pia ihm vergnügt zu. Aber van macht eine kleine Show daraus. Nach und nach legt er Stock und Mantel, dann auch Schuhe und Beinkleider ab und rezzt sich seine Beach-Wear-Schachtel, vollgestopft mit den topaktuellsten Badekleidern.
Die Auswahl fällt ihm nicht leicht, aber einige Zeit später gesellt er sich dann endlich zur badenden Pia. „Ohhh, das ist ja herrlich entspannend“, freut er sich, als ihn das leicht salzige Nass umspült.
Die ganze vollendete Schönheit ihres Badepartners nimmt Pia erst wahr, als sie der warmen Wanne entsteigen und sich rosig gegenüberstehen. „Sollen wir uns noch ein wenig in den Sessel dort hinten fläzen?“, fragt van Zadark Unschuld heischend.
Pia hat da wirklich nichts gegen, schließlich ist sie keine Kostverächterin. Allerdings entsteht beim Hinsetzen irgendwie ein Kuddelmuddel, was zu einer leicht verfehlten Pose führt, die Pia fast erdrückt.
Das Ganze lässt sich jedoch schnell korrigieren und schon schmiegt Pia ihre Wange an die gestählte Brust des van Zadark. So liegen sie eine Weile und genießen die virtuelle Nähe, während ich jetzt nur noch das eine will: einen starken, heißen, süßen Glühwein.
Schließlich lassen sich die beiden dazu überreden. Wieder im Eistunnel angekommen, legt van Zadark der bibbernden Pia ein Fellcape um und flüstert ihr mit all seinem Charm ins Ohr: „Damit es dir heiß bleibt und du mir nicht auskühlst.“
Im Dance Club Cold Heat werden sie dann fündig. Leider tut es der Glühweinstand aus irgendeinem Grunde nicht und es gibt dann doch heiße Schokolade.
„Magst du noch mal mit mir tanzen?“, fragt van Zadark, nachdem er seinen Becher heruntergespült hat. Pia nickt. „Auf jeden Fall. Du bist so ein toller Tänzer“, säuselt sie und begibt sich Richtung Tanzfläche.
Umringt von Schneemann, Pinguin und Zinnsoldat schweben sie in anmutiger Umarmung über den eisigen Tanzboden. All dies haben die zwei Engelchen genauestens im Blick – es kann also gar nichts wirklich Schlimmes passieren.
Als die zwei dann schließlich in eine Art mitternachtsblaue Kuschelmuschel verschwinden, die auch ebenso gut eine Schmusekugel sein könnte, blende ich mich endgültig aus. Immerhin sind wir hier ja bei Avameo und alles Weitere zu erzählen, würde ganz klar den Rahmen sprengen.